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Gründung des Höchster Tennisklubs

Gründung des Höchster Tennisklubs

Unter den etwa 4 000 Mitarbeitern der Höchster Farbwerke war Gillis Gullbransson, ein junger Schwede, der seit drei Jahren in Höchst arbeitete. Er hatte das Tennisspiel während eines Ferienaufenthaltes in seiner Heimat kennengelernt und suchte nun nach Partnern, denen er das neue Spiel beibringen konnte.

Tennis gehörte zu dieser Zeit in Deutschland noch zu den weniger bekannten Sportarten. Die ersten Wettspiele moderner Art fanden 1877 in Wimbledon statt, und der erste deutsche Tennisclub wurde 1876 in Bad Homburg gegründet.

In Frankfurt entstanden 1884 im Innenraum einer zum Palmengarten gehörenden Radrennbahn die ersten Tennisplätze. Man benutzte eine etwa 6 000 qm große Rasenfläche im Winter als Eisbahn und im Sommer zum Lawn­ Tennis und Crocket. Die Tennisplatze konnten von jedermann gemietet werden. Gespielt wurde nach den Regeln, die sich der englische Major Walter Wingfield 1874 zusammen mit einem Sanduhr-förmigen Tennisplatz patentieren ließ. Hier wurde 1898 auch der erste Frankfurter Tennisclub, die Lawn­ Tennisvereinigung 1898, gegründet, der 1904 mit dem Frankfurter Schlittschuhclub 1861 zum Frankfurter Sportclub Sachsenhausen­Forsthausstraße fusionierte.

Auf seiner Suche nach einer Tennisanlage war Gillis Gullbransson in Bad Soden auf einen wenig belegten Platz gestoßen, auf dem er seinen Freunden nach Dienstschluss Trainerstunden gab.

Ein unvorhergesehenes Ereignis, das Gillis Gullbransson sehr in Rage gebracht haben soll, führte dann wider Erwarten schnell zur Gründung eines eigenen Tennisclubs, des heutigen Höchster THC. Viele Jahre später schilderte Gillis Gullbransson dieses Ärgernis in einer Rede so:

„1899 waren in Höchst zwei Engländer als Volontäre, der eine davon sogar in meiner Ab­teilung. Als wir nun wieder nach Soden fuhren, hatten diese Engländer den Sodener Tennisplatz für die ganze Saison belegt. Dadurch waren wir sehr gehandikapt und in einer unangenehmen Situation. lch sagte mir, das kann so nicht weitergehen, und kam auf die kühne ldee, mich an die Farbwerke zu wenden mit der Bitte, sie möchten für uns einen Tennisplatz anlegen. Wenn man bedenkt, dass in damaliger Zeit der Sport von den Werken in keiner Weise unterstützt wurde und ich als junger Angestellter so etwas vorbrachte, war das doch eigentlich eine große Zumutung. lch hatte aber gute Gönner, die meinen Plan unterstützten, und Direktor Professor Dr. Laubenheimer war ein sehr wohlwollender, lieber Herr. Das Gesuch wurde genehmigt und die Anlage des Tennisplatzes am Zeilsheimer Weg sofort in Angriff genommen. Bereits am 4. Juli 1899 konnte ich die Gründungsversammlung einberufen.“

Zum Vorsitzenden des Höchster Tennisclubs von 1899 wurde Baumeister Kutt gewählt, Gillis Gullbransson übernahm das Amt des Spielwartes. Wenig später, am 19. Juli 1899, konnten zwei Tennisplätze am Zeilsheimer Weg eröffnet werden, die einige Jahre später von den Farbwerken um einen weiteren Platz und ein kleines Clubhaus ergänzt wurden.

Tennis galt zu dieser Zeit als ausgesprochener Gesellschaftssport gehobener Kreise und so rekrutierten sich auch die ersten Mitglieder vorwiegend aus Chemikern, Ingenieuren und Kaufleuten, die der Höchster Kasinogesellschaft, einem Gesellschaftsclub der Farbwerke, angehörten. Allerdings waren die Kasinogesellschaft wie auch der neu gegründete Tennisclub keineswegs als Werksvereine anzusehen. Auch die nicht den Farbwerken angehörende Höchster Bürgerschaft machte von der Möglichkeit regen Gebrauch, über eine Mitgliedschaft am gesellschaftlichen und sportlichen Leben dieser Clubs teilzunehmen.

Das Tennisspiel auf der Anlage am Zeilsheimer Weg erfreute sich in kürzester Zeit so großer Beliebtheit, dass Spielzeiten nach einem genau einzuhaltenden Stundenplan zugeteilt werden mussten. Dies erledigte mit großer Akribie Platzmeister und Verwalter Philipp Amberg, ein ,,Rotfabriker“, den die Farbwerke kostenlos zur Verfügung gestellt hatten. Allerdings gab es trotz dieser großzügigen Geste der Farbwerke keine Bevorzugung ihrer

Leitenden Herren bei der Platzzuteilung, die den Mitgliedern ohnehin viel zu wenig

Spielzeit ermöglichte. Dieser Zustand veranlasste dann die tennisbegeisterten Farbwerksdirektoren Dr. Paul Duden und Dr. Richard Weidlich, ihre Spielpartner auf einen privaten Tennisplatz einzuladen, den sie am Heimchenweg nahe der dort gelegenen Arbeiterkolonie anlegten. Damit war die Keimzelle für die heutige Anlage des Höchster THC geschaffen. Allerdings wurden beide Anlagen über lange Zeit gleichzeitig genutzt.

Schon wenige Jahre nach der Gründung des Tennisclubs konnte Gillis Gullbransson, der als Sportwart unermüdlich die Spielkünste der Mitglieder forderte, eine Damen­ und eine Herrenmannschaft aufstellen. 1909 bestritt man den ersten Wettkampf gegen den Griesheimer Tennisclub. Dabei traten die Damen in langen weißen Röcken, weißen Blusen mit Stehbund und großen Hüten an. Die Herren trugen lange weiße Hosen und weiße Hemden mit langem Arm. Es war wohl mehr ein gesellschaftliches als ein sportliches Ereignis, denn über den Ausgang des Wettspiels war lediglich zu erfahren, dass man wie zu der Zeit üblich in Englisch gezählt habe.

Die rasche Entwicklung des Höchster Tennisclubs zu einem angesehenen Sportverein im Westen Frankfurts fand mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges am 1. August 1914 ein jähes Ende. Der Sportbetrieb kam völlig zum Erliegen, und auch nach Kriegsende war an eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes zunächst nicht zu denken, da die französischen Besatzungstruppen die Plätze am Zeilsheimer Weg beschlagnahmt hatten. Der Initiative einiger Clubmitglieder ist es zu verdanken, dass ab 1920 wieder ein regulärer Sportbetrieb auf der Anlage möglich wurde.